Basis

Thomas Klegin / 1997

Thomas Klegin und Pulheim fanden im Rahmen des Skulpturenprojektes „STAD(t)T-ART – Kunst in 56 homöopathischen Dosen“ zueinander, das vom Kultursekretariat NRW Gütersloh organisiert wurde: Ein Los hatte sie einander zugeteilt. […] Die schmale Insel an der Kreuzung erregte sein Interesse.

Im Schatten der beiden sorgfältig bepflanzten Grün-Enklaven war sie offensichtlich vergessen worden. Ihre Oberfläche: wilde Gräser und Kräuter, teilweise blankes Erdreich mit Reifenspuren, auch Abfall, jedoch keine Bepflanzung. Die lanzettförmige Einfriedung mit ihrer eigentlich auffälligen Form lag bis dahin außerhalb des Blickwinkels der Passanten, sie erschien vor allem als unfertige Fläche im gestylten Stadt-Ambiente. Klegins Eingriff rückt sie nun in das Seh-Bewusstsein.

Der Stumpf des Rotdornbaumes gehörte zu einem Ensemble von Stümpfen, das unweit in einer kleinen Grünanlage ein Kriegerdenkmal umrahmt, und wurde für die Dauer der Ausstellung entliehen.

Die Kombination von Einfriedung und Baumstumpf, von Ort und Objekt, gleichsam von Podest und Skulptur schafft eine vielschichtige Installation. Klegin greift ein, schafft einen Zustand, der den Charakter der Authentizität hat. Natürlich könnte an dieser Stelle ein Baum gestanden haben, und warum sollte nicht der Stumpf (scheinbar) Zeugnis ablegen von der vormalig vollständigen Präsenz dieses Baumes?

Klegins Arbeit ist auch Basis für eine Auseinandersetzung mit Kunst. Die Kombination von Baumstumpf und vergessener Liegenschaft im Straßenverkehr bildet natürlich eine Grundlage für Diskussionen und Reaktionen. Bereits vorab war in einer nicht autorisierten Pflanzaktion die karge Fläche der Insel über Nacht heimlich mit Geranien bestückt worden. Protest? Sympathie?

Mit dem Baumstumpf transferiert Klegin das Pathos des Gedenkortes für wenige Wochen an die Straßenkreuzung. Der Eingriff in die urbane Konstellation geschieht leise, unaufdringlich, aber sehr sicher. Diese Arbeit ist für die Situation und für Pulheim konzipiert. Sie gibt vor, ohne zu bestimmen und regt an zur (Neu-)Orientierung.

 

JOCHEN HEUFELDER

(Veröffentlicht in: STAD(t)T-ART, Kunst in 56 homöopathischen Dosen, Bd. 2, Ausst.-Kat. zum landesweiten Kooperationsprojekt STAD(t)-ART des Kultursekretariats NRW Gütersloh, hrsg. vom Kultursekretariat NRW Gütersloh, Bielefeld 1998, S. 106. Überarbeitete, ergänzte Fassung)

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  • Thomas Klegin "Basis", 1997

  • Ausbau, Thomas Klegin "Basis"

  • Ausbau, Thomas Klegin "Basis", 1997

  • Einpflanzung, Thomas Klegin "Basis", 1997

  • Einpflanzung, Thomas Klegin "Basis", 1997

  • Thomas Klegin "Basis", 1997

  • Rückbau, Thomas Klegin "Basis", 1997

  • Rückbau, Thomas Klegin "Basis", 1997

  • Rückbau, Thomas Klegin "Basis", 1997